Wichtige Protagonistinnen und Protagonisten des Diskurses um Demokratie, Revolution und Kriegskritik in Deutschland während des Ersten Weltkrieges sind noch kaum ins Blickfeld der Forschung gerückt. Trotz des regen Interesses an der kulturhistorischen Erforschung der Ereignisse zwischen 1914 und 1918 stehen quellenbasierte, auf konkrete Akteure fokussierte Untersuchungen der damaligen Demokratisierungs- und Liberalisierungsprozesse noch aus.
Sozialistischer Journalist und Politiker
Einer dieser bislang vernachlässigten Akteure ist der sozialistische Journalist, Schriftsteller und Politiker Kurt Eisner (1867–1919). Die pazifistische Haltung des früheren Vorwärts-Redakteurs radikalisierte sich während des Ersten Weltkriegs, ab 1915 entwickelte er sich zu einem der wortstärksten Gegner der deutschen Kriegspolitik. In Opposition hierzu wie zur sozialdemokratischen Burgfriedenspolitik trat er 1917 zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) über. In Bayern, wo er seit 1907 ansässig war, setzte er sich für die Demokratisierung des Deutschen Reiches und gegen den Krieg ein. Als einer der Hauptiniatoren der Januarstreikwelle von 1918 wurde er für über acht Monate inhaftiert.
Mitte Oktober 1918 freigelassen, erlangte er historische Bedeutung vor allem als Anführer der Novemberrevolution in München. Nach dem Sturz des letzten bayerischen Königs rief Eisner die bayerische Republik als „Freistaat“ aus und wurde am 8. November 1918 zum ersten bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Dreieinhalb Monate später wurde Eisner von dem völkisch-nationalistischen Studenten – dem Umfeld der Thule-Gesellschaft zugeordneten – Anton Graf von Arco auf Vally erschossen.
Kritische Edition zu Texten von Kurt Eisner
Am 21. Februar 2019 jährte sich die Ermordung Kurt Eisners zum 100. Male. Zum Gedächtnis an die historische Persönlichkeit hat eine interdisziplinäre, von Prof. Frank Jacob (New York) geleitete Arbeitsgemeinschaft zentrale Texte Kurt Eisners transkribiert. Als erstes erschien im Frühjahr 2016 eine kritische Edition des Gefängnistagebuchs, das Kurt Eisner während seiner Inhaftierung von Januar bis Oktober 1918 angefertigt hat.
Im Dezember 2019 ist ein siebter Band mit den wichtigsten Reden und Schriften Kurt Eisners erschienen. Damit ist der von der Rosa Luxemburg Stiftung unterstützte editorische Teil der wissenschaftlichen Reihe „Kurt Eisner-Studien“ im Berliner Metropol-Verlag abgeschlossen.